Der Mercedes-Benz 680 Typ S Roadster, Baujahr 1928, Aufbau von Jacques Saoutchik.
- Kommissions-Nr. 40156Â
- Fahrgestell-Nr. 35949Â
- Motor Nr. 72151
- Karosserie Nr. 1713
Vom Französischen Modellautohersteller Ilario bekamen wir in den letzten Dezembertagen des vergangenen Jahres 2016 eine limitierte Produktion von 50 StĂŒck im MaĂstab 1:43 des Mercedes-Benz 680 Typ S, Baujahr 1928, mit einem Roadster Aufbau von Jacques Saoutchik aus Neuilly-sur-Seine, einem Vorort von Paris (Bild 1).
Nicht, dass das Modell als solches genau genommen neu wĂ€re: im September 2011 hatte Ilario bereits ein 1:43 Modell von jedem der drei Mercedes-Benz 680 Typ S mit Aufbau von Saoutchik hergestellt, d.h. laut Ilarioâs Angabe Modelle der Wagen mit den Fahrgestellnummern 35968, 35971, und 40156, die sich nur wenig voneinander unterschieden.
TatsÀchlich ist genau dort von Ilario ein Fehler gemacht worden: sein 680 S Modell mit der sogenannten Fahrgestellnummer 40156 hÀtte er akkurater Weise als das Fahrzeug mit der Fahrgestellnummer 35949 (Bild 2)
beschreiben mĂŒssen. Die Nummer  40156 bezieht sich nĂ€mlich auf die Kommissionsnummer des Autos, und nicht auf die Fahrgestellnummer. Allerdings ist die jetzige AusfĂŒhrung dieser besonderen Mercedes 680S-Variante von Ilario, mit der Chassis-Nummer 35949 und in der angeblich ursprĂŒnglichen taubengrauen und roten Farbkombination mit Echsenlederinnenraum und âSitzen, neu. Es stellt das Auto, das von einem gewissen Charles A. Levine im Jahre 1928 bestellt wurde, dar.
Laut Daimler-Archiv bestellte Levine seinen Wagen im August 1928 bei der Mercedes-Benz Company,  247 Park Avenue in New York, die wiederum von Daimler-Benz das  ânackteâ Chassis des 680S vom Werk in Stuttgart nach Paris-Neuilly zum Karosserie-Atelier Jacques Saoutchik, 46 rue Jacques Dulud, zwecks Aufbau, liefern lieĂ. (Irgendwie frage ich mich, ob es schon bereits 1928 möglich war, das eigene Auto, oder zumindest einen kundenspezifischen Aufbau, aus so etwas wie einem Katalog zu bestellenâŠ) Im Oktober desselben Jahres wurde der bereits fertiggestellte Mercedes-Benz 680 Type S (W06) dann auf dem Mercedes-Benz Stand fĂŒr die Dauer des âSalon de lâAutomobile 1928â im Grand-Palais in Paris ausgestellt (Bild 3), bevor der Wagen nach New-York verschifft wurde.
Charles Albert Levine hatte ein eher bewegtes Leben, um es gelinde auszudrĂŒcken. Er wurde am 17. MĂ€rz 1897 in North Adams im Staate Massachusetts geboren. Er arbeitete frĂŒh mit seinem Vater beim An- und Verkauf von Metallschrott zusammen, spĂ€ter grĂŒndete er sein eigenes Unternehmen, spezialisiert auf Kauf und Wiederverwertung des im ersten Weltkrieg benutzten, verbrauchten und ĂŒberschĂŒssigen Buntmetalls, bzw. von Geschoss- und PatronenhĂŒlsen. MillionĂ€r war er bereits 1927, im Alter von 30 Jahren (Bild 4).
Levine wollte in einem Wright-Bellanca WB-2-Flugzeug, genannt âMiss Columbiaâ, Charles A. LindberghâČs berĂŒhmten New-York-Paris-Flug bessern, weiter und lĂ€nger fliegen. Ebenso wollte er der allererste Flugpassagier sein, der den Atlantik in einem Flugzeug ĂŒberquerte. So startete âMiss Columbiaâ am 4. Juni 1927 â knappe zwei Wochen nach Lindberghâs Rekordflug â auf ihren transatlantischen Flug von Amerika mit Ziel Berlin. Zwar erreichte âMiss Columbiaâ Berlin nicht, landete aber am 6. Juni auf einem Feld bei Eisleben, unweit von Halle im SĂŒdharz. Der Flug war immerhin 315 Meilen (507 km) weiter, und dauerte 9 Stunden und 6 Minuten lĂ€nger als der transatlantische New-York â Paris Flug von Lindbergh (Bild 5 u. 6), eine heute weitgehend vergessene Leistung!
Im Dezember 1927 wurde Columbia Air Liners Inc. von Charles A. Levine als Vorsitzender und von dem Flugzeugentwickler Giuseppe Mario Bellanca als PrĂ€sident, mit Fabrik und Firmensitz in Hempstead N.Y., gegrĂŒndet. Im Sommer 1928 kaufte Charles Levine ein Langstrecken-Junkers-W33-Flugzeug in Deutschland fĂŒr US $ 50.000 (damals umgerechnet 210.500 RM â heute 2017 einem realen Wert von US$ 1.400.000 bzw. 1.330.000 ⏠entsprechend) mit der Absicht, einen neuen Rekordversuch von London nach New York zu etablieren, ein Flug der jedoch nie stattfand.
Ein Junkers W33, wie von A Levine 1928 gekauft (Sonderbild D).![]()
Nach all diesen Ausgaben, gefolgt von einer Reihe von schlechten Investitionen und Verlusten bedingt durch den Börsencrash von 1929, wurde Levine wegen unbezahlten Steuern von der US-Bundesregierung zur Zahlung einer halben Million Dollar Strafe verurteilt. Im Jahr 1933 wurde er der GeldfĂ€lschung schuldig befunden. 1937 schmuggelte er 2000 Pfund Wolfram aus Kanada in die USA. Das brachte ihm zwei Jahre GefĂ€ngnis ein. Dann wurde er 1942 zu 150 Tage GefĂ€ngnis verurteilt; er hatte versucht, einen deutsch-jĂŒdischen FlĂŒchtling von Mexiko aus in die Vereinigten Staaten einzuschmuggeln. SchlieĂlich starb er in Washington am 6. Dezember 1991, völlig verarmt, im Alter von 94 Jahren.
Was den Mercedes-Benz 680S betrifft, als dieser in den frĂŒhen Tagen des Jahres 1929 in New York ankam, weigerte sich Levine den Wagen zu ĂŒbernehmen. Es heiĂt, ihm gefielen weder Stil noch Farbe des Autos. Ausrede oder nicht, ein jeder der oben genannten Faktoren könnte Grund genug gewesen sein, dass das Ehepaar Levine den âmaĂgefertigtenâ Mercedes-Benz nicht mehr in Empfang nehmen wollte.
Plötzlich stand man im New-Yorker Showroom von Mercedes-Benz mit einem sehr teuren Unikat aber ohne KÀufer da!
Die Mercedes-Benz Niederlassung nutzte die Gelegenheit, das Auto (neben einem 630K auch mit Aufbau von Saoutchik) auf ihrem Stand bei der 1929 New York Auto Show (Bild 7), die vom 5. Januar bis zum 12. Januar im Grand Central Palace lief, auszustellen. Der 680 Type S wurde ebenfalls in der Mercedes-Werbung der Januar â1929 Auto Showâ-Ausgabe von âMotor Magazineâ abgebildet.
So viel zur Geschichte des ersten Besitzers des Autos, der keiner war!
Ein solches Auto im Ausstellungsraum stehen zu haben, ist ja ganz schön, aber wem verkauft man es? Nun, in der Verkaufsabteilung erinnerte man sich, dass die Bedford Familie bereits zuvor einen Mercedes gekauft hatte.  So trat man in Verbindung mit dem jungen Standard Oil Direktor Frederick Henry Bedford Jr. und berichtete ihm ĂŒber diesen sehr auĂergewöhnlichen Mercedes Sportwagen, der zur VerfĂŒgung stand. Die Anzeige von der NY Mercedes Niederlassung in der Januar 1929 Ausgabe der Zeitschrift âMotor Magazineâ (Sonderbild B).![]()
Dem jungen Herrn Bedford Jr. wurde ein attraktives Angebot gemacht, und so begann eine Entwicklung, die ihn, zum groĂen Teil dank seines Mercedes 680 Typ S Roadsters, zur Bekanntschaft seiner zukĂŒnftigen Ehefrau Miss Margaret Stewart fĂŒhren sollte.
Laut ihrer Enkelin Muffie Murray, war Margaret Stewart mit einem alten Freund der Familie, den sie extrem langweilig fand, zu einer Party in Ligonier, Pennsylvania, eingeladen, wo sie mit Frederick Bedford Jr. bekannt gemacht wurde. Als sie die Party verlieĂ, entdeckte sie dessen Mercedes 680 S Sportwagen und âdas warâs!!â Er bot ihr eine Fahrt zurĂŒck nach Pittsburgh an, âdamaliger Zeit ein ziemlich gewagter Vorschlag an eine junge Dameâ. Sie nahm die Einladung dennoch an, und, so erzĂ€hlte sie ihrer Enkelin, âdanach gab es Niemanden anders mehr fĂŒr mich.â
Der 680 S ganz rechts in New-York zur Wartung in einer Werkstatt, wahrscheinlich bei Zumbach in Manhattan, Anfang der 30er Jahre (Sonderbild A).![]()
Das Auto blieb die nĂ€chsten 77 Jahre im Besitz der Bedford Jr. Familie. Frederick Bedford Jr.âs Vater war ein persönlicher Freund von John D. Rockefeller, und MitbegrĂŒnder der Standard Oil (ESSO) gewesen, er selbst war 25 Jahre lang einer der Direktoren der Standard Oil Company. Er war ebenfalls PrĂ€sident der Atlas Supply Company, die Reifen, Batterien und Autozubehör vermarktete. Im Alter von 61 Jahren starb er 1952 auf einer GeschĂ€ftsreise (Bild 8).
Gebrochenen Herzens ĂŒber den plötzlichen, unerwarteten Tod ihres Mannes, stellte Mrs. Bedford den Mercedes in ihrer Garage ab, um ihn nie wieder zu benutzen (Abb. 9).
Zum 75. Geburtstag ihrer GroĂmutter Margaret im Jahr 1980, buk Muffie Murray ihr einen Kuchen in der Form des 680 S. Aufgewachsen mit der Geschichte rund um den Mercedes, hatte Muffie immer eine schwache Stelle fĂŒr den Wagen gehabt.
Mrs. Bedford gefiel der Kuchen in der Form des Mercedes ihres Mannes so sehr, dass sie sich weigerte, ihn zu anzuschneiden, und ĂŒberraschte spĂ€ter ihre Enkelin mit der Nachricht, dass sie den 680S speziell fĂŒr sie restaurieren lassen wĂŒrde.
Mehrere Restaurationsbetriebe wurden kontaktiert, und Angebote eingeholt; einer dieser Betriebe war die Firma von Paul Russell. Als Paul Russell das Auto begutachtete, hatte es noch seine ursprĂŒngliche Innenraumverkleidung aus Eidechsenhaut und fĂŒr 1953 gĂŒltige Nummernschilder (Bild 10).Â
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Seinerzeit der letzte Schrei: Reptilien/Echsen-Leder als Innenraumausstattung â der 680S ist dabei (Sonderbild C).![]()
Zu dieser Zeit war der 680 S cremefarben und rot. Aufnahmen des Autos in der Bedford Garage wurden von Paul Russel im November 1981 gemacht. Diese wĂŒrden Jahre spĂ€ter Paul RussellâČs Restaurierungsteam wertvolle Informationen liefern. WĂ€hrend der folgenden Restaurierung von 1981/82, die allerdings nicht von Paul Russell, sondern von den  Restauratoren Gus und Chris Reuter durchgefĂŒhrt wurde, wurde die ursprĂŒngliche Eidechsenhaut zugunsten eines Interieurs aus glattem roten Leder entfernt (Bild 11),
ebenso wurden die Radscheiben weggelassen, und ein Scheibenwischer an der Fahrerseite angebracht.
Das restaurierte Auto wurde 1982 wĂ€hrend einer Veranstaltung des âAntique Automobile Club oft America (AACA)â ausgestellt, wo es mit einem sog. âNationalen Ersten Preisâ ausgezeichnet wurde. Mercedes-Benz selektierte dann den 680 S zwecks Ausstellung anlĂ€sslich der Feierlichkeiten zum hundertjĂ€hrigen Bestehen der Firma 1986. Es war dort, dass James S. Rockefeller, GrĂŒnder und Vorsitzender des âOwls-Head-Transportation-Museumâ in Owls Head, Maine, das Auto sah. Er war fasziniert von der Verbindung, die das Auto zu seiner Familie, den GrĂŒndern der Standard Oil Co., hatte, und bat um die Leihgabe des 680 Typ S an das âOwls-Headâ-Museum. Der Wagen blieb dort fĂŒr die nĂ€chsten 20 Jahre, bis 2006, ein geschĂ€tztes AusstellungsstĂŒck.
Nach insgesamt 77 Jahren in ihrem Besitz, entschied sich die Bedford Familie schlieĂlich 2006, den 680 Typ S, mit lediglich 31.000 Meilen auf dem Tacho, zum Verkauf anzubieten, das nur zweite Mal in der gesamten Existenz des Wagens.
Er ging 2006 wĂ€hrend ChristieâČs Monterey Auktion fĂŒr US $ 3.645.000 an einem âangesehenen amerikanischen Sammler und Philanthropenâ aus Michigan (Bild 12),
der ein-ein-halb Jahre spĂ€ter, im Februar 2008 wĂ€hrend der RĂ©tromobile Ausstellung in Paris, den Wagen, mit lediglich einer einzigen zusĂ€tzlichen Meile auf dem KilometerzĂ€hler, durch Bonhamâs versteigern lieĂ. Der 680S ging am 9. Februar 2008 fĂŒr US $ 2.317.500 plus Kommission ĂŒber den Tisch, eine wesentlich geringere Summe als der im Katalog angegebene SchĂ€tzwert von US $ 3.700.000. Was auch immer der Grund fĂŒr den Verkauf des Autos nur 18 Monate nach seinem Kauf war, Profitgier  war sicherlich nicht der Grund (Bild 13)!
Die neuen Besitzer, Paul und Judy Andrews aus White Settlement in Texas, hatten eine bestehende Beziehung zu Paul Russel and Company, und eine endgĂŒltige Entscheidung, ihn und sein Team mit der vollstĂ€ndigen Restaurierung des Wagens zu beauftragen, wurde im Jahr 2010 getroffen. Die Arbeit am 680 S begann im April 2010 mit der vollstĂ€ndigen Zerlegung des Fahrzeugs. Ăberraschenderweise war aufgrund der guten Lagerungs-Bedingungen des Wagens, und auch der Tatsache, dass der 680 Typ S im Grunde nur eine einzige Familie als EigentĂŒmer hatte,  der ursprĂŒngliche Holzrahmen des Autos in erstaunlich gutem Zustand, desgleichen  das Fahrgestell und der Antriebsstrang. Nicht ĂŒberraschend war jedoch, dass der Motor einer kompletten Ăberholung bedurfte.
Sitze und Innenverkleidungen wurden wieder in ihren ursprĂŒnglichen Zustand zurĂŒckgebracht. Das bedeutete, das bei der Restaurierung 1981/82 installierte glatte rote Leder mit neuen EchsenhĂ€uten zu ersetzen, die wie die ursprĂŒnglichen von 1928 aussahen, und ebenso aus SĂŒdostasien importieren wurden (Bild 14).
Insgesamt wurden 760 EidechsenhĂ€ute verwendet, die in ihrer Konsistenz und Farbe den im ursprĂŒnglichen Interieur benutzten HĂ€uten, so nah wie eben möglich kamen. Um den Wagen wieder genau in seinen ursprĂŒnglichen Zustand zu bringen, wurde der einzelne Scheibenwischer, der bei der Restaurierung im Jahre 1982 installiert worden war (wodurch der 680 Typ S zwar etwas weniger authentisch, aber im Regen fahrbar wurde) wieder entfernt. Offenbar war dieses Auto, das von Saoutchik tatsĂ€chlich ohne Scheibenwischer gebaut wurde, nur fĂŒr Fahrten an sonnigen Tagen gedachtâŠ
Die Art-Deco inspirierte vordere StoĂstange, die wĂ€hrend der Zeit, die Frederick Henry Bedford Jr. im Besitz des Autos gewesen war, am Wagen prunkte, war auch kein Originalteil, und wurde ersetzt durch die einfache gerade DoppelstoĂstange mit der das Auto 1928 ausgestattet und ausgeliefert worden war (NachprĂŒfbar auf Bildern der Pariser Automobil Ausstellung 1928).
Der nun komplett in seinen Originalzustand restaurierte Mercedes-Benz 680 Typ S, Baujahr 1928, mit Karosserie von Jacques Saoutchik, nahm 2012 in Pebble Beach am âConcours dâĂlĂ©ganceâ teil, wo er auf Anhieb den âBest of Showâ â Preis gewann (Bild 15).Â
Ebenso gewann er die âRestoration of the Yearâ Auszeichnung bei den âHistoric Motoring Awards 2012â, und am 26. Mai 2013 wurde er mit dem âFirst Prizeâ in der âKing of the Road Classâ des âConcorso dâ Eleganza Villa dâ Esteâ am Comer See in Italien ausgezeichnet.
Dann wurde der 680 S am 17. August 2013 in Monterey, Kalifornien, von RM Auctions versteigert (Bild 16). Er erreichte einen Hammerpreis von USD 7.500.000 (bzw. USD 8.250.000 inklusive Provision und Steuern).
Ein persönlicher Kommentar: es könnte in Frage gestellt werden, ob die ursprĂŒngliche Lackfarbe des Autos, so wie es auf der New-York Auto Show Anfang 1929 ausgestellt und zu sehen war, tatsĂ€chlich taubengrau war. BerĂŒcksichtigt man die Tatsache, dass das Auto zwischen 1929 und 1952 regelmĂ€Ăig von einem einzigen EigentĂŒmer, nĂ€mlich Herrn Bedford Jr., benutzt wurde, und dass nach dessen Tod das Auto nie wieder gefahren wurde, dann zwischen 1952 und 1981 aufgebockt in der Garage abgestellt war, und dass im Jahr 1981 besagtes Auto cremefarben (oder blassgelb) war, dann könnten in der Tat Zweifel an der angegebenen ursprĂŒnglichen taubengrauen Farbe aufkommen.
Am Telefon erklĂ€rte Paul Russell mir, dass Fachleute, die Spezialisten fĂŒr FarbĂ€quivalenzen sind, die alten Schwarz-WeiĂ-Bilder studierten, und zum Schluss kamen, dass taubengrau die ursprĂŒngliche Farbe der 680S gewesen sein mĂŒsste. Was mich als Laie betrifft, betrachtet man die Schwarz-WeiĂ-Fotos aus den 1930er Jahren, so könnte das Auto genauso gut cremfarbig bzw. blassgelb gewesen sein. Auch glaube ich nicht, dass ein Auto alle paar Jahre in seiner Gesamtheit in eine andere neue Farbe lackiert wird, es sei denn, dies wird notwendig, oder man entscheidet sich dazu, weil die Karosserie durch einen Unfall beschĂ€digt wurde. Im vorliegenden Fall brachten die Restaurierungsarbeiten ans Licht, dass das Auto irgendwann in der Zeit, in der es im Besitz der Bedfords war, tatsĂ€chlich in einen kleinen Unfall verwickelt war, der eine Reparatur an einem der vorderen KotflĂŒgel und an der Saoutchik-typischen Neusilberverzierung dieses KotflĂŒgels erforderte. Der Unfall könnte also der Ausschlag fĂŒr die Neulackierung des 680 S in der Creme- bzw.  hellgelben Farbe gewesen sein, und auch der Grund dafĂŒr, dass das Auto nicht mit dem ursprĂŒnglichen sondern mit dem im âArt-Decoâ-Stil gehaltenen vorderen doppelten StoĂfĂ€nger bis zur Restaurierung durch Paul Russell ausgestattet war.
Soviel zum Vorbild und zu seiner Geschichte.
Ilario verwendete offensichtlich die Form seines VorgĂ€ngermodells als Grundlage fĂŒr diese neue 1:43 AusfĂŒhrung des 680 S Saoutchik. Trotzdem wurden alle Ănderungen genau dort vorgenommen, wo die verschiedenen Saoutchik-Versionen sich voneinander unterscheiden. Dies war nicht nur auf offensichtliche Unterschiede, wie die verschiedenartige StoĂstangen, oder auf  die charakteristische niedrige Windschutzscheibe beschrĂ€nkt, sondern auch auf kleine Details, die eine neue Gravur erfordern, wie z.B. die andersartigen Lufteinlassklappen vor der A-SĂ€ule.
Alles in allem ist diese taubengrauen Version des 680S mit der Chassis Nummer 35949 eine feines 1:43 Modell des Vorbilds, akkurat wiedergegeben in jeder kleinen Einzelheit, auĂer â ja, es gibt immer eine Ausnahme! â fĂŒr das Auspuffrohr, welches das wiedergibt, das das Auto vor der Restaurierung durch Paul Russell hatte (Bild 17).
Der andere Punkt, ĂŒber den ich mir nicht ganz sicher bin, betrifft den taubengrauen Farbton, der fĂŒr das Modell verwendet wurde. Um ein Modell jenseits aller Zweifel beurteilen zu können, mĂŒsste man  direkt neben dem Vorbild-Auto stehen. Da ich es allerdings nur mit ein paar Farbfotos vergleichen kann, scheint es mir so, als ob das Modell eine Spur zu hell sein könnte.  Die gleiche Kritik betrifft den Farbton der ansonsten sehr gut gelungenen Darstellung der TĂŒrverkleidungen und der Sitze (Bild 18).Â
Auch hier könnte, verglichen mit Farbbildern des Originals, die rote Farbe dieser Teile, die den Eidechsenhaut-Innenraum wiedergibt, meiner Meinung nach ein klein wenig dunkler sein.
Es sollte erwĂ€hnt werden, dass Tin Wizard 2012 ebenfalls die taubengraue Version des 680 S Saoutchik mit der Fahrgestellnummer 35949 als 1:43 Modell produziert hat. Wenn man das neue Ilario-Modell mit dem nicht so jungen Tin Wizard-Modell vergleicht, bemerkt man einige Unterschiede. Eines der AuffĂ€lligsten ist der vereinfachte KĂŒhlergrill an dem Tin Wizard-Modell, das schon vor fĂŒnf Jahren nicht die beste Wiedergabe einer Mercedes-KĂŒhlermaske war, und nach heutigem Stand nicht mehr akzeptabel wĂ€re (Bild 19).Â
Auf der anderen Seite stellte Tin Wizard das richtige Auspuffrohr dar! Einige andere, wenn auch kleine Details, z.B. die Gravuren der Schlitze unten an der Innenseite der vorderen RadkÀsten wurden von Tin Wizard vergessen.
Beide Modelle haben ihre Vor- und Nachteile. Die Fertigung, das âFinishâ der beiden Modelle, sowohl von Tin Wizard als auch von Ilario, ist hervorragend (Bild 20) und wĂ€hrend Ilarioâs Modelle in Resine hergestellt werden, sind die Modelle von Tin Wizard in Metall gefertigt, was ihnen nicht nur Gewicht sondern auch einen eigenen Stil verleiht. Preislich sind beide Hersteller nicht sehr weit voneinander entfernt.
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Text: Bernd D. Loosen
Quellen: Bonhamâs , Christies, RM Auctions, Paul Russel, Daimler Archiv.
Bilder: Paul Russel, Christies, Bonhamâs, RM Auctions, Tin Wizard, Bernd D. Loosen, Â verschiedene Quellen.